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bidoun coverUnter dem Titel "Orient zum Blättern" (taz) und "Lebenszeichen vom Nachwuchs" (FR) sind heute in beiden Zeitungen Artikel zur neuen Kunstzeitschrift "bidoun" erschienen.
Die taz erklärt, was es ist:
"Auf den ersten Blick wirkt Bidoun wie eine weitere Variante jener Lifestyle- und Kulturmagazine, die sich in Folge von Wallpaper und AD rund um den Globus verbreitet haben: ein Magazin für die sprichwörtlichen coffee table, nur eben in orientalischem Dekor. Doch für die arabische Welt ist Bidoun ein Novum. Und nicht nur für die: Das Heft erscheint vierteljährlich in den Metropolen des Nahen Ostens, in Dubai, Kairo und Beirut, es wird aber auch in New York, London, Istanbul und Deutschland vertrieben. Damit könnte Bidoun tatsächlich eine publizistische Lücke schließen." Die FR beschreibt die Inhalte:
"Soeben ist bidoun auf dem deutschen Markt erschienen. Im Editorial beschreibt die amerikanisch-iranische Gründerin Lisa Farjam, wie das Private immer stärker in den öffentlichen Raum gebracht wird. Nigar Azimi berichtet in der ersten Ausgabe etwa über einen ägyptischen Videokünstler, Vasif Kortun über neue Öffentlichkeiten der Kunstszene, Antonia Carver über eine iranische Interpretation von Big Brother im Dogma-Stil, und Porochista Khakpour porträtiert einen palästinensischen Modeschöpfer. Zu guter Letzt gibt Fatima Mernissi ihr Rezept für ein aphrodisierendes Fischgericht preis." Und in der Netzzeitung gab es schon Ende Juli ein Interview mit der in Berlin lebenden Redakteurin Alia Rayyan:
"Netzeitung: Bidoun kommentiert die Kluft zwischen den Kulturen auch dadurch, dass man es wie Arabisch von rechts nach links lesen muss. Ansonsten aber unterscheidet es sich nicht unbedingt von einem Kunstmagazin wie etwa Frieze. Lässt sich die Kluft zwischen Zentrum und Peripherie, die schließlich immer vom Zentrum definiert wird, einfach überspringen?
Rayyan: Bidoun wird nicht die Revolution bewirken, es ist ein Kunstmagazin, mehr nicht. Es will aber Stereotypisierungen durchbrechen und bestimmte Verhaltensweisen in Frage stellen. Wenn wir also ein Heft machen, das sich nicht so sehr vom britischen "Frieze" unterscheidet, dann kann es dennoch anders herum gelesen werden. Man kann Ideen mischen, wenn du A sagst, dann musst du nicht B sagen, du kannst auch A sagen und dann C. Gerade die Idee, dass ein Heft, das aus Nahost kommt, nicht so aussehen kann wie "Frieze", ist ja schon eine bestimmte Erwartung, die wir durchbrechen."

Diedrich Diedrichsen hatte ich während meines Studiums hauptsächlich als Mitherausgeber der „Texte zur Kunst“ und Feuilletonist der „Zeit“ wahrgenommen. Ich wusste auch, dass er Texte zu Poptheorie veröffentlichte. Gut zu lesen für Theorie, meinte ich. Jemand der Zustände der Gegenwart reflektiere, gleiche nicht den vielen anderen Kunsttheoretikern, die in ihrer Kunstblase verstaubten.
Umso überraschter war ich als einige meiner Freunde von Diederichsen genau das Gegenteil behaupteten. Der Standpunkt bestimmt die Perspektive. Diese waren ausgemachte Indie-Pop-Kenner und assoziierten Diederichsen sofort mit dem Musikmagazin „Spex“. Er sei einer der Autoren, die der „Spex“ den Ruf verschafften, dass man die Texte nur mit „Uni-Diplom“ verstehen würde (was natürlich arg übertrieben ist).
Als ebensolcher wurde Diederichsen auch in Literatur und Film dargestellt. Joachim Lottman schrieb 2003 in einem taz-Artikel („Nichts als die Wahrheit“): „Der berühmteste Bachmanntext aller Zeiten ist "Subito" von Rainald Goetz. Es geht dort um Diedrich Diederichsen, der da "Neger Negersen" heißt und in der Hamburger NDW-Bar Subito verkehrt, die auch im Text so heißt.“ In Benjamins Quadbecks Verfilmung von „Verschwende deine Jugend“ erscheint Diederichsen in der Figur des Journalisten Wieland Schwarz als intellektueller Besserwisser, der sich seines Einflusses auf die Musik-Szene bewusst ist. Und auch in der Musik selber wird er thematisiert, die Band „Saalschutz“ hat eigenst ihm ein Lied gewidmet:
diederich diederichsen (via Radiokiosk)
"Diedrich Diederichsen, wir lieben dich,/ aber deine Bücher verstehen wir nicht./ Sie sind so introvertiert und originell. Wir kaufen sie und stellen sie ins Büchergestell."
Dazu äusserten sich die zwei Schweizer in einem Interview mit der „Jungen Welt" (Februar 2004): „JW: Eure Kritik trifft gern intellektuelle Kreise wie im Song "Diedrich Diederichsen". Gleichzeitig bewegt ihr euch in diesem Umfeld.
Saalschutz: Wir sind bestimmt nicht intellektuellenfeindlich. Bei genauer Beachtung der Wortwahl in "Diedrich Diederichsen" läßt sich erkennen, daß darin Fremdwörter vorkommen, die nicht so recht zum Vorwurf passen, den der Song formuliert. Es ist immer ein Versuch da, in der Kritik auch die Kritik zu kritisieren, was ab einem gewissen Punkt zum Scheitern verurteilt ist, weil das ja nicht unendlich betrieben werden kann. Angeprangert wird intellektuelle Unredlichkeit. Es geht dabei gar nicht so sehr um Diedrich Diederichsen als um seine Jünger, die eine spezifisch männliche, unangenehme Art des besserwisserischen, belehrenden Diskurses über Popmusik pflegen. Allerdings basiert unsere Kritik auf Vorurteilen und auf Lektüre eines Wiglaf-Droste-Textes.“

Bei der Gelegenheit lohnt es sich auch weiter in das aktuelle Album ("Das ist nicht mein Problem") von Saalschutz reinzuhören. Selten, dass es jemanden gelingt, ein so feines ironisches Lied über Kunst als Worthülse zu produzieren:
leererer, inhaltsloserer ausdruck(feat. stina galaxina)
"Ich fragte sie, kennst du dich bei Kunst aus
Dann gestand ich ihr, ich plane einen Kunstraub
Ich sagte ihr, ich frage dich
Welche Kunst ich rauben soll und welche Kunst nicht
Ich fragte sie, stimmt es, dass du was von Kunst weißt
Sie sagte mir:
Ich bewege mich im entsprechenden Dunstkreis"

Parkett Cover

Ossian Ward ist der ehemalige Editor des Londoner Art Review Magazine und hat die Blüte der young British Art erlebt. Nun beschreibt er in der deutschen art “Die nächste Generation”. Dabei verfasst er nicht wirklich einen Überblick über die Nachfolgegeneration von Hirst, Emin oder Lucas (was auch kaum möglich wäre), sondern stellt acht Einzelpositionen vor. Acht Künstler und Künstlerinnen, die sich mehr durch ihre künstlerische Haltung als durch ihre Arbeiten für den Titel der “nächsten Generation” qualifizieren. Denn sie “betreiben lieber ehrliche Analyse, schwelgen in Weltschmerz und entwerfen düstere Bedrohungsfantasien. Cool gilt jetzt als ziemlich uncool.” Die Fotos der Künstler dominieren die Magazinseiten, aus denen sie traurig, ernst und dann doch wieder recht cool aus ihren Ateliers zu uns herausschauen. Entweder sind sie vor ihren Arbeiten positioniert oder ein kleines Foto zusätzlich auf der Seite muss diese dann dort zeigen. Ein Textblock genügt anscheinend, den jeweiligen Künstler zu porträtieren, obwohl die Grösse der Bilder in keinem Verhältnis zu der Menge (=Mangel) an Text steht.
Die acht Auserwählten sind: Die 34-Jährige Glasgowerin Kaye Donachies, Fiona Banner (38), der 38-Jährige Paul Morrison aus Liverpool, die 41-Jährige Schottin Anya Gallaccio, der Goldsmith Absolvent David Thorpe (32), Dexter Dalwoods aus Bristol (44), der 31-Jährige Nigel Cooke aus Manchester und Gary Webbs (31).
Keine jungen Wilden werden hier gezeigt. Im gleichen Alter wie die Künstler der yBA sind sie weniger Nachfolger als eine Alternative zu den sich gut auf den Kunstmarkt positionierten yBAs.

 

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